Der Börsengang (IPO) und was er beinhaltet

Für Unternehmen, die Kapital einsammeln wollen, besteht grundsätzlich die Möglichkeit eines Börsengangs (going public). Diesen Prozess nennt man auch Initial Public Offering (IPO) oder Börsendebüt. Aber Achtung! Börsengang ist nicht gleich Börsengang. Neben dem IPO gibt es auch das (Börsen-) listing und die, eher seltene Holländische Auktion. Insbesondere ein Listing kann für kleinere Unternehmen (KMU), aber nicht nur für diese, sogar vorteilhafter sein. Der Begriff Börsengang ist also der Oberbegriff für verschiedene Formen des going public. Hier verwenden wir den Begriff der Einfachheit halber aber synonym mit IPO oder auch Börsendebüt.

Wie man sieht, sollte man sich also nicht nur dessen bewusst sein, was ein IPO ist, sondern auch, was mit einem IPO alles verbunden ist, da eine umfassende und vorausschauende Planung entscheidend ist für den späteren Erfolg.

Was ist ein IPO?

IPO steht also für Initial Public Offering. Darunter vesteht man den Prozess, durch den ein privates Unternehmen an die Börse gehen kann, indem es seine Aktien einer breiten Öffentlichkeit erstmals zum Kauf anbietet. Das kann sowohl ein neues oder junges, als auch ein schon lange bestehendes Unternehmen sein, das beschließt, an der Börse notiert zu werden und damit an die Börse zu gehen. Ein IPO ermöglicht es einem Unternehmen also, Kapital von öffentlichen Anlegern zu beschaffen.

Ein Unternehmen, das sich durch ein IPO Kapital beschaffen möchte, also Aktien herausgeben (=emittieren) will, wird auch Emittent genannt. Dabei wendet sich der Emittent an kreditgebende Unternehmen oder Banken (üblicherweise Investmentbanken), die ihm dabei helfen, den Typ, die Anzahl und den Preis der Wertpapiere festzulegen und in welchem Zeitrahmen das IPO erfolgen soll.

Für ein Unternehmen kann die Platzierung von Aktien an der Börse ein langwieriger, komplizierter und anspruchsvoller Prozess sein, der langfristige Auswirkungen auf das Unternehmen hat.

Welchem Zweck dient ein IPO?

Ein Börsengang kann z.B. dazu dienen, um Eigenkapital einzusammeln, um eine Expansion zu finanzieren, den Fremdkapitalanteil zu reduzieren oder auch hochqualifizierte Mitarbeiter anzuziehen oder an das Unternehmen zu binden. Ein vielfach erwünschter Nebeneffekt ist dabei auch, dass das emittierende Unternehmen in der Öffentlichkeit präsenter wird, ergo seinen Bekanntheitsgrad erhöht, und sich folglich besser profilieren kann.

Wie funktioniert ein IPO?

Vor einem Börsengang gilt ein Unternehmen als Privatunternehmen. Private Unternehmen beginnen üblicherweise mit einer relativ kleinen Anzahl von Anteilseignern wie dem Gründer und seinen Familienmitgliedern. Zu den frühen Investoren gehören oft auch Freunde, zu denen sich später dann professionelle private Investoren wie Venture Capitalists oder Angel Investors gesellen können. All diese haben ggf. gemeinsam, dass sie Risikokapital (Venture Capital) bereitgestellt haben, damit das Unternehmen weiter wachsen konnte.

Ein Börsendebüt, also der Gang an die Öffentlichkeit, ist für ein Privatunternehmen dann oft ein gewaltiger Schritt, da er dem Unternehmen den Zugang dazu verschafft, plötzlich sehr viel Geld einzusammeln. Das erlaubt dem Unternehmen dann einerseits weiter zu wachsen und zu expandieren, andererseits verbesseren die Transparenz und Glaubwürdigkeit börsennotierter Unternehmen nicht selten auch auch die Konditionen für Unternehmen bei der Aufnahme von Fremdkapital.

Erreicht nun ein Unternehmen in seinem Wachstumsprozess eine Phase, in dem es eine private Bewertung von ca. US$ 1 Milliarde erzielt (das nennt man dann "Einhorn-Status") oder unabhängig davon starke Fundamentaldaten und ein nachgewiesenes Potential für weitere Rentabilität hat, kann es sich, je nach Wettbewerbssituation und der Fähigkeit die Zulassungsvoraussetzungen zu erfüllen, für ein Initial Public Offering qualifizieren.

Der Preis für die Aktien des Emittenten beim Börsengang wird mittels einer Financial Due-Diligence-Prüfung ermittelt. In der Finanzwelt erfordert die Due Diligence eine Prüfung der Finanzunterlagen, bevor eine geplante Transaktion mit einer anderen Partei abgeschlossen wird. Geht ein Unternehmen an die Börse, wird vorher der private Aktienbesitz in öffentliches Eigentum umgewandelt und die Anteile der bisherigen Privataktionäre werden zum öffentlichen Handelspreis bewertet.

Im Zuge dessen eröffnet der öffentliche Markt Millionen von Anlegern die Möglichkeit, Aktien des emittierenden Unternehmens zu kaufen, und so zu dessen Eigenkapital beizutragen. Das Publikum besteht aus allen privaten und institutionellen Anlegern, die an einer Investition in das Unternehmen interessiert sind.

Die Anzahl der Aktien, die das Unternehmen verkauft, und der Preis, zu dem die Aktien verkauft werden, sind im Allgemeinen die Faktoren, die den Wert des neuen Eigenkapitals bestimmen. Ist das Unternehmen dann in sowohl privatem als auch öffentlichem Besitz, repräsentiert das Eigenkapital nach wie vor die Anteile, die sich im Besitz der Investoren befinden, aber das Eigenkapital erhöht sich nach einen Börsengang erheblich durch die Barmittel aus der Erstemission.

Wie ist der Ablauf bzw. der Prozess bei einem IPO?

Im Prinzip besteht der IPO-Prozess aus zwei wesentlichen Teilen. Teil 1 ist die Vorvermarktungsphase (pre-marketing phase) der Emission. Teil 2 beim IPO-Prozess ist der Börsengang selbst. Ist ein Unternehmen an einem "going public", also einem Börsengang interessiert, bewirbt es sich bei Emissionsbanken (auch Equity Underwriter genannt), indem es private Angebote einholt. Alternativ kann das Unternehmen auch eine öffentliche Erklärung abgeben, um Interesse zu wecken. IPO-Underwriter sind in der Regel Investmentbanken, die IPO-Spezialisten in ihren Reihen haben.

Die Underwriter bzw. Emissionsbanken werden vom Unternehmen ausgewählt und führen den IPO-Prozess, wobei das Unternehmen einen Underwriter auswählen kann oder auch mehrere, die verschiedene Teile des IPO-Prozesses gemeinsam managen. Die Emissionsbanken sind dabei in alle Themenbereiche des IPO, wie Financial Due Diligence, die Vorbereitung der notwendigen Dokumente, deren Einreichung, die Vermarktung sowie die Emission, involviert.

Was sind die einzelnen Schritte hin zum IPO?

Der Eingang der Proposals

Wie bereits erwähnt, sendet der Emittent Anfragen an Equity Underwriter (Emissionsbanken) heraus. Diese legen dem Emittenten dann wiederum ihre Vorschläge (Proposals) vor. Diese beinhalten dann verschiedene Bewertungen sowie Erläuterungen zu ihren Vorschlägen hinsichtlich der besten Art des zu emittierenden Wertpapiers, des Ausgabepreises, der Anzahl der Aktien und des von ihnen geschätzten Zeitrahmens für das Börsenangebot.

Die Auswahl der Emissionsbank(en)

Das Unternehmen wählt nun seine(n) Underwriter aus und erklärt sich mit den Emissionsbedingungen in einem Underwriting-Vertrag formell einverstanden.

Die Bildung von Teams

Nun werden IPO-Teams aus Emissionsbankern, Fachanwälten, Wirtschaftsprüfern sowie Experten der SEC (Security and Exchange Commission) gebildet.

Die Dokumentation

Alle erforderlichen Informationen zum Unternehmen werden nun für die notwendige IPO-Dokumentation aufbereitet und zusammengestellt. Das wichtigste für den Börsengang einzureichende Dokument ist dabei das S-1 Registration Statement. Es enthält zum einen den Wertpapierprospekt und zum anderen die (privat gehaltenen) Hinterlegungsinformationen. Beide Teile des S-1 werden im Verlauf des gesamten vorbörslichen Prozesses ständig überarbeitet und angepasst.

Organisation und Abläufe

Das Unternehmen muss nun einen Vorstand bilden und sicherstellen, dass die erforderlichen Prozesse etabliert werden, damit die verpflichtende Berichterstattung über die Finanzen und die Buchhaltung vierteljährlich und auditierbar erfolgen kann.

Die Vermarktung und Aktualisierungen

Für die Vermarktung der Aktienemission sind der Vorstand des emittierenden Unternehmens sowie die Emissionsbanken verantwortlich. In diesem Rahmen wird auch versucht, die Nachfrage einzuschätzen und den endgültigen Emissionspreis der Aktie festzulegen. Während des gesamten Zeitraums der Vorvermarktung haben die Emissionsbanken die noch Möglichkeit, ihre Finanzanalysen laufend zu überarbeiten, inclusive einer Änderung des Ausgabepreises und des Ausgabedatums, sofern sie es für notwendig oder angebracht halten.

Dieser Prozess wird durch die Erstellung von Marketingmaterialien für die Vorvermarktung der Aktienemission unterstützt.

Die Ausgabe der Aktien

Das emittierende Unternehmen gibt seine Aktien am Tag des Börsenganges aus. Das Kapital aus der Erstemission an die Aktionäre wird als Bargeld entgegengenommen und in der Bilanz als Eigenkapital ausgewiesen. In der Folge wird nun der Aktienwert in der Bilanz des Unternehmens umfassend von der Bewertung des Eigenkapitals je Aktie abhängen.

Dem IPO-Datum nachgelagerte Bestimmungen

Für die Zeit nch dem IPO kann es noch einige Bestimmungen geben. So können die Emissionsbanken nach dem Datum des IPO unter Umständen noch einen gewissen Zeitrahmen haben, um noch eine zusätzliche Anzahl an Aktien zu kaufen. Zudem können in dieser Zeit für bestimmte Anleger Ruhezeiten gelten.

Was sind die Vorteile eines IPOs?

Zusätzliches Kapital

Der Hauptzweck eines IPO ist natürlich, wie eingangs bereits gesagt, das Einsammeln von möglichst viel Kapital. Und Unternehmen erhalten für die Übertragung ihrer Anteile bares Geld, welches in der Bilanz als Eigenkapital auftaucht.

Einfacherer Zugang zu Eigenkapital

Die Börsenpräsenz eines Unternehmens erleichtert ihm den Zugang zu Eigenkapital

Größere Flexibilität

Eine bessere Kapitalausstattung macht ein Unternehmen finanziell auch flexibler. Das beinhaltet nicht nur mögliche Investitionen sondern z.B. auch eine größere Unabhängigkeit von Kreditgebern.

Einfache Möglichkeit des Anteilsverkaufs

Das going public macht es z.B. Venture Capital-Gebern aus der Frühphase des Unternehmens leicht, nun ihre Anteile, womöglich mit einem Gewinn, zu verkaufen.

Sicherstellung des Erhalts des Unternehmens

Gegebenenfalls kann durch einen Teilverkauf der eigenständige Erhalt des Unternehmens gewährleistet werden.

Objektive Bewertung

Ein objektiver Wertmaßstab für die Bewertung des Unternehmens ist durch die Bewertungsvorschriften und die regelmäßige, vierteljährliche Bewertung gegeben. Dies erleichtert in der Folge u.a. auch die Vergleichbarkeit des eigenen Unternehmens mit Mitbewerbern auf dem Markt.

Attraktivität für Mitarbeiter

Börsennotierte Unternehmen ziehen vermehrt hochqualifizierte Mitarbeiter an, was im Umkehrschluss das Unternehmen als Arbeitgeber attraktiver macht.

Höherer Bekanntheitsgrad

Durch einen Börsengang erhöht ein Unternehmen seine Bekanntheit im In- und Ausland - und damit natürlich auch sein Prestige!

Was sind die Nachteile eines IPOs?

Die Gründungskosten

Die Kosten für die Gründung einer Aktiengesellschaft (AG) sind vergleichsweise hoch. Außerdem verdient/verdienen der/die Underwriter bei der Emission kräftig mit.

Vorstand vs. Aktionäre

Der Handlungsspielraum des Vorstandes wird dadurch eingeschränkt, dass Entscheidungen von den Aktionären abgesegnet werden müssen.

Bilanzierungs- und Buchführungspflichten

Eine Aktiengesellschaft ist zu höchster Transparenz verpflichtet und unterliegt dementsprechend weitreichenden Pflichten zur Bilanzierung und Buchführung.

Großaktionäre

Großaktionäre können mit ihrem großen Anteil an Wertpapieren den Vorstand blockieren und somit die Unternehmensführung erschweren.

Gefahr feindlicher Übernahme

Ganz allgemein erleichtert eine Börsennotierung einem Aufkäufer natürlich auch eine feindliche Übernahme. Ein Risiko, mit dem viele Aktiengesellschaften leben müssen.

Mindesthaltepflichten

Altaktionäre unterliegen oft einer Mindesthaltepflicht, so dass ein Verkauf von Anteilen erst nach einer Haltefrist von sechs bis zwölf Monaten möglich ist.

Fazit

Aus dem bisher Gesagten ergibt sich, dass für bestimmte Unternehmen ein IPO eine zwar aufwendige, aber auch sehr lohnende Entscheidung sein kann. Diese Entscheidung will aber natürlich vorab sehr gut durchdacht sein, vor allem da auch andere Möglichkeiten zum going public, wie zum Beispiel das eingangs erwähnte Börsenlisting, zur Disposition stehen. Neben den Kosten spielt hier auch der Zeitrahmen, der bei einem gut vorbereiteten IPO auch ein Jahr oder sogar mehr betragen kann, eine wichtige Rolle.

Lassen Sie sich daher professionell beraten, welche der Möglichkeiten eines Ganges an die Börse für Ihr Unternehmen die geeignetste ist. Gerne besprechen wir mit Ihnen ganz individuell über die Themen UK PLC, Börsengang und Kapitaleinwerbung.

 
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